Die ägyptische Chronologie wird von der Ägyptologie in "Dynastien" eingeteilt, die zu mehreren "Reichen" mit dazwischen liegenden "Zwischenzeiten" gruppiert werden. Die vielen größeren Pyramiden in Ägypten wurden während des Alten und Mittleren Reichs sowie der dazwischen liegenden ersten Zwischenzeit, grob zwischen 2600 und 1700 v. Chr., gebaut. Die berühmten großen Pyramiden von Gizeh, von den Königen Cheops, Chephren und Mykerinos, stammen aus der 4. Dynastie des Alten Reichs, und wurden zwischen 2589 und 2503 v. Chr. gebaut.[1 ]). Die Wissenschaftler scheinen dabei aber Indizien zu übersehen die diese Pyramiden in eine viel ältere Zeit datieren. Die Beweise scheinen zu belegen, dass sie bereits standen, als Ägypten gerade geboren wurde.
Fig. 1 - Pyramidenkühe? |
Der als Altorientalist bekannte Schriftsteller Zecharia Sitchin meint, einige Anhaltspunkte gefunden zu haben, dass die Gizeh-Pyramiden bereits in der sogenannten Nullten Dynastie, als Ägypten aus Einzelstaaten zu einem Reich verschmolz, standen. Dafür präsentiert er mehrere Bilder, auf denen die Pyramiden und der Sphinx schon über 500 Jahre vor Cheops abgebildet sein sollen.[2 ]
Die Bilder stammen allerdings nicht aus Ägypten, sondern aus Mesopotamien, etliche 100 km von Ägypten entfernt. Warum die Leute da nun den Drang haben sollten, ägyptische Pyramiden abzubilden, verrät Sitchin leider nicht. Zudem vermisse ich, wie oft bei Sitchin, jeglichen Beleg für seine Altersbehauptung. Denn die mesopotamische Kultur existierte mit fast unverändertem Kunststil über 2000 Jahre lang. Ohne exakte Datierung sind die von ihm aufgeführten Bilder als Belege nichts wert. Da er die Abbildungen noch nicht einmal genauer bezeichnet und eine eigene Überprüfung daher unmöglich ist, bleibt es letztlich Vertrauenssache.
Das Vertrauen wird schnell erschüttert, wenn man sich die Inhalte selbst ansieht und mit Sitchins Angaben vergleicht. Das überzeugendste Bild[3 ] habe ich links abgebildet. Sitchin meint in den beiden Tieren ein Abbild des berühmten Sphinx zu Gizeh erkennen zu können. Dass das pyramidenförmige Ding rechts die Cheopspyramide darstellen soll, geht seiner Meinung nach daraus hervor, weil "Sogar Einzelheiten wie die Schräge - 52 grad - stimmt überein"[4 ].
Naja, die Pyramide sieht flacher aus, und ein Winkelmesser zeigt dann auch: Das pyramidenähnliche Teil hat eine Neigung von 45 Grad. Außerdem hat die Große Pyramide keine riesigen Palmwedel an ihrer Spitze, wenn ich mich richtig erinnere :-)
Und was ist mit dem Sphinx? Klicken Sie einfach mal auf das Bild (wie alle Bilder mit Rahmen ist auch dieses als Link zu einer Vergrößerung angelegt) und schauen Sie Sich den vermeintlichen "Sphinx" einmal selbst an.
Im Original ist das, wie alle Sphingen in Ägypten, die Statue eines mächtiger Löwenkörpers, mit vorgestreckten Vordertazen, kräftigen Hinterbeinen und einem Löwenschwanz. Die beiden abgebildeten Tiere sind hingegen eindeutig Kühe. Alleine schon die Stellung der Vorderbeine wäre für einen Löwen völlig unmöglich, da bei ihm das "Ellenbogen"-Gelenk wie bei uns nach hinten orientiert ist, und nicht wie bei Kühen nach vorne.
Was stellt das pyramidenartige Dings sonst dar? Ganz einfach, eine typische Wohnhütte die von Bauern temporär benutzt wurde. Die Größe kann man anhand der beiden Palmwedel, die in den First eingewirkt wurden, abschätzen. Die Szene zeigt eine typische landwirtschaftliche Beschreibung mit grasenden Kühen, Fischern und der Wohnhütte.
Fig. 2 - Narmer Palette |
Ein Indiz hingegen sieht plausibel aus: Eine Pyramide auf der sogenannten Narmer- oder Siegespalette[5 ]. Diese Palette zeigt den Moment der Reichseinigung unter dem mythischen Pharao Narmer. Von diesem Pharao weiß man bis heute nicht ob er jemals existiert hat oder ob er nach der Einigung einen anderen Namen annahm - der historisch belegte Pharao Hor Aha ist z.B. ein guter Kandidat. Sein Geburtsname lautet "Mnj", was man als "Meni" lesen kann, was genau dem Namen entspricht, den Manetho in den noch erhaltenen Überlieferungen dem ersten Pharao Gesamtägyptens zuordnet. Dies ist kein Beweis, aber in meinen Augen ein recht guter Hinweis. Dummerweise lautet aber der Horusname auf der Palette "Hor Nar-Mer", sodaß immer noch keine endgültige Klärung möglich ist.
Bei der Einigung wurde, so erzählt die Palette, der Norden vom Süden unterworfen. Aber selbst das ist höchst zweifelhaft. Sicher ist, dass die Palette aus einer Zeit rund 500 Jahre vor dem wissenschaftlich anerkannten Pyramiden-Baudatum stammt. Eine Pyramide auf dieser Palette wäre daher wirklich ein starkes Indiz für prähistorische Pyramiden.
Die Pyramide soll auf der Rückseite abgebildet sein, direkt hinter dem Kopf des Pharaos in dem von mir rot markierten Quadrat. Die Zeichnung in Sitchins Buch ist leider nicht ganz zufriedenstellend, und nach einer Besichtigung der Palette im Museum in Kairo konnte ich zum ersten, aber nicht zum letzten mal feststellen, dass Sitchin ein wenig "nachgeholfen" hat, um das Objekt pyramidaler aussehen zu lassen, indem er die Innenbereiche der Dreiecksform begradigte. Aber selbst auf seiner Umzeichnung sieht das Gebilde schon relativ "unpyramidal" aus, eher rundlich. Und was soll der Quersteg? Oder soll nur das Innere die Pyramide darstellen? Während die übrigen Figuren auf der Palette mit exakten, geraden Linien dargestellt wurden, brachte der unbekannte Künstler dies ausgerechnet bei der Pyramide nicht fertig?
Fig. 3 - Narmer-"Pyramide" |
Ich war daher von Anfang an der Überzeugung, daß hier etwas anderes dargestellt wird, wenn ich auch nicht wusste was. Ich tippte auf Wurfholz oder Setzlot, Aufklärung brachte allerdings erst ein Mailwechsel mit einem englischen Ägyptologen. Die "Pyramide" sei in Wirklichkeit kein Bild sondern ein Schriftzeichen, Teil eines Textes, welcher die Unterwerfung innerer und äußerer Feinde schildert. Die Symbole waren noch andere als die in der rund 500 Jahre späteren Pyramidenzeit, und auch die Trennung zwischen Bild und Schrift war noch nicht so klar ausgeprägt. Das umgebende Rechteck steht für "Haus" oder "Land", und das Pyramidenschriftzeichen selbst ist ein Schilfbündel. Schilf war ein wichtiger Rohstoff und wurde im Norden in regelrechten Plantagen angebaut. Um es zu transportieren, ließ man ihn einfach den Nil herabtreiben - umgebogen und mit einem Schilfstengel an den Enden zusammengebunden. In A-Form! Und schaut man genau hin, erkennt man auf dem Photo tatsächlich die Einschnürungen des Schilfseils! Und die Ausbeulung die durch die Schnürung erzeugt wird! Also eine realistische Kopie der Schilf-Vorlage, und keine "verkorkst" geformte Pyramide.
Aus diesem Schriftzeichen hat sich offenbar auch das in den späteren Hieroglyphen verwendete Symbol db3 entwickelt, zu dem Gardiner in seiner Egyptian Grammar folgendes vermerkt:
Neben dieser alten Erklärung scheint das Zeichen allgemein für alles verwendet worden sein, was irgendwie mit Schilfstrukturen in Verbindung stand: Opferschreine, Geräteschreine und und und...
Eine einfache und tatsächlich nachvollziehbare Erklärung, wenn auch für einen "Otto-Normalleser" nicht leicht zu finden. Ein Altorientalist wie Zecharia Sitchin hätte dabei aber keine Probleme haben dürfen!
Anmerkungen: | ||
[1 ] | nach Shaw, Ian; The Oxford History of Ancient Egypt, p. 480 | |
[2 ] | Sitchin, Zecharia; Die Kriege der Menschen und Götter, S. 164-172 | |
[3 ] | ibd. Abb. 43, S. 171 | |
[4 ] | ibd. S. 171 | |
[5 ] | ibd. Abb. 39, S. 166 |