Rätselhafte Pyramiden

Sonne hinter Chufu-Pyramide
Fig. 1 - Sonne hinter der Cheops-Pyramide

Von allen Bauten der Welt gelten Pyramiden als die geheimnisvollsten. "Pyramide" und "Geheimnis" als Suchbegriff liefert auf allen Suchmaschinen problemlos mehrere 10000 Suchergebnissen, und die Anzahl der Bücher, Filme und auch Spiele die "Geheimnisse" und "Pyramide" im Titel haben ist auch fast nicht zu zählen. Aber was ist das Geheimnis an den Pyramiden?
Viele Autoren wundern sich darüber, dass die Pyramidenform von fast allen Kulturen weltweit verwendet wurde. Im 19. Jahrhundert, vor der Erfindung geeigneter Datierungsmethoden, glaubte man daher, dass all diese Bauten von einer "Saatkultur" - Atlantis? - initiiert wurden. Diese als "Hyperdiffusionismus" bezeichnete Idee (dass bestimmte Ideen nur von einem einzigen Punkt ausgehend über die Welt verbreitet werden) ist heutzutage vom Tisch, denn die zeitlichen Unterschiede zwischen ältesten und jüngsten Pyramidenbaukulturen (fast 3000 Jahre) sowie Unterschiede in Konstruktion und Verwendungszweck sind zu groß.
Aber die ägyptischen Pyramiden alleine liefern Geheimnisse genug, um Bibliotheken von Büchern damit zu füllen, und am geheimnisvollsten sind natürlich die ägyptischen Pyramiden von Giza (auch Gizeh genannt), einem Vorort der Millionenstadt Kairo. Jedes Jahr kommen neue "Geheimnisse" und Legenden hinzu, und selbst "seriöse" Sachbücher werben mit den "Geheimnissen der Pyramiden". Das ist nämlich der deutsche Titel der Sonderausgabe von Mark Lehners The Complete Pyramids, während das viel beachtete Buch des Physikers Kurt Medelssohn auf Das Rätsel der Pyramiden aufmerksam macht).
Auch wenn sich mancher Archäologe über diese unsachlichen, mystische Titel (und manche der dahinterstehenden Betrachtungen) aufregt - die Geheimniskrämerei um die Pyramiden hat Tradition. Die ältesten Legenden die ich kenne, und die sich konkret mit Rätseln und Geheimnissen der großen Pyramiden in Gizeh befassen, sind nicht 50 oder 100 Jahre, sondern rund 2500 Jahre alt. Damals erzählte der griechische Reisende Herodot in seinen Historien Geschichten über den Tyrannen Cheops, seine Huren-Tochter Henutsen und viele andere Schauermärchen.
Nein, eigentlich kann man sogar noch 1000 Jahre und mehr weiter zurückgehen. Der Papyrus Westcar aus dem Mittleren Reich, der eine Geschichte aus der 5. Dynastie, wenige Jahrzehnte nach dem Bau der Gizeh-Pyramiden erzählt, verknüpft bereits die Planung der Großen Pyramide mit allerlei magischen Geschichten - Geheimnisse der Pyramide vor dem Bau derselben!
Der Höhepunkt der Pyramiden-Geheimnis-Geschichten begann vor rund 1400 Jahren, kurz nachdem die Araber Ägypten erobert hatten. Sie fanden die gigantische Ruinen vor, aber niemand konnte ihnen Auskunft über Sinn, Zweck oder Urheber dieser Bauten geben. Denn selbst das eroberte Volk hatte keine Kenntnis mehr über seine Vorfahren. Bald schon sprossen Legenden und Gerüchte: Künstliche Berge seien es gewesen, auf deren Spitze Weise die Sintflut überlebten. Gebaut von Noah oder Henoch, um dort das Wort Gottes und das Wissen des Universums vor den Fluten zu schützen. Tresore seien es, gefüllt mit Schätzen und geheimen Wissen. Götterwaffen seien in ihnen verborgen, Astrologen in selbstleuchtenden Särgen und vieles mehr. Zusammengefasst wurden diese ersten pyramidenmystischen Schriften im 15. Jahrhundert durch den Historiker und Religionsgelehrten al-Makrizi in seinem viel zitierten Werk Hitat. Auch von ihm wird hier noch häufiger die Rede sein.

Inzwischen hat sich die Erforschung Ägyptens und der Pyramiden weiterentwickelt. Durch die Wiederentdeckung der Kunst des Hieroglyphenlesens sind wir im Gegensatz zu den Arabern und anderen Forschern in vielen Fällen nicht mehr auf Mutmaßungen angewiesen. Wir können die Intentionen der Baumeister schlicht von den Wänden ablesen.

Natürlich nur dort, wo man uns Schriften hinterlassen hat, und unglücklicherweise findet man in den großen Pyramiden der 4. und 5. Dynastie (die zwischen 2600 und 2400 v. Chr. gebaut wurden) nichts dergleichen. Und so sprießen die Geschichten um sie wie vor 1000 Jahren: Wie alt sind sie? Wer baute sie? Und, enthalten sie geheime Botschaften? Die alternative Wissenschaft hat in den Fragen grundsätzlich andere Vorstellungen als die "etablierte" Wissenschaft - aber sind die Belege dafür, daß alles ganz anders war, auch stichhaltig? Und besser als der Spruch "Ich habe im Gefühl, daß es älter sein muss", den man von so manchem alternativen Geschichtsautor hört?

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Alle Bilder und Texte © Frank Dörnenburg