Bevor ich in die Details zu Dendera einsteige, möchte ich die indirekten Beweise untersuchen. Denn bereits der erste Punkt, mit dem viele Autoren ihre Erläuterungen zur Elektro-These einläuten, hatte mich stutzig gemacht. Hier zwei beliebig herausgegriffene Zitate:
"Krassa und Habeck erinnern daran, dass Fackeln, Öllichter oder Wachs blaken, dass Rußpartikel an Wänden und Decken feststellbar sein müssten. Das ist nicht der Fall"[ 1 ]
oder auch
"In der Welt der Römer und Griechen wurden zur Beleuchtung Fackeln und Öllampen verwendet. Wo immer noch Durchgänge erhalten sind, kann man an den Decken Spuren von Ruß entdecken. Im alten Ägypten aber sind ... keinerlei Verbrennungsspuren zu entdecken."[ 2 ]
Seltsam, ich war schon des öfteren in Ägypten, und hatte dabei keinerlei Probleme, Ruß in den Grabanlagen zu finden. Hier zum Beispiel ein beeindruckend verrußtes Bild aus der Grabkammer der Roten Pyramide in Dahschur:
Diese Grabkammer wurde sogar oberirdisch angelegt, von Snofru, dem Vater des großen Pyramidenbauers Cheops. Hier kann man den Ruß überdeutlich erkennen, und steigt man durch die absteigenden Gänge in der Cheops- und Meidumpyramide herab, muss man nur mal seine Taschenlampe gegen die Decke richten um ihn zu sehen. Und im Tal der Könige mussten etliche Grabkammern mit umfangreichen Restaurationsmaßnahmen vom Ruß befreit werden. Die älteste Bemerkung mit Ruß in der großen Pyramide die mir bekannt ist stammt übrigens von John Greaves aus dem Jahre 1638!![ 3 ]
Viele dieser Anlagen wurden in hellem Tageslicht errichtet. Das Konstruktionsverfahren, welches nach neusten Entdeckungen bereits in der allerersten echten Pyramide in Meidum durchgeführt wurde, begann mit dem Aushub einer großen Ausschachtung für die unterirdischen Kammern. Hier die beeindruckende Ausschachtung in Abu Roasch:
Sämtliche Boden- und Wandelemente wurden anschließend in diesem Schacht verlegt (wie man auf beiden Bildern gut erkennen kann), abschließend wurden Entlastungssysteme über die vollendeten Gänge und Kammern verlegt und darüber die Pyramide errichtet.
Alle Kammer- und Gangelemente konnten daher bei hellem Tageslicht eingebaut und dekoriert werden. Erst nach Fertigstellung wurde die Decke aufgesetzt und die gangfreie Pyramide darüber errichtet.
Ebenso verhält es sich mit den beschrifteten Grabkammern der 5. und 6. Dynastie - die beschrifteten Platten konnten außerhalb der Pyramiden gehauen und bei Tageslicht in die Grabkammern eingepasst werden. Auch praktisch alle Mastabagräber (die Felsgräber sind eine Ausnahme) konnten so ohne die Zuhilfenahme von künstlicher Beleuchtung fertiggestellt werden. Bei diesen Anlagen müsste man sich über fehlenden Ruß nicht wundern, denn künstliche Beleuchtung war für die Errichtung nicht notwendig.
Was aber vertrackt ist: Auch in diesen Anlagen findet sich Ruß in rauen Mengen. Ja, sogar die Wände der Krypten, in denen sich die vorgebliche Glühbirnendarstellung findet, sind verrußt, wie man an diesem Ausschnitt klar erkennen kann:
Weiß schimmert unten in einer eingesetzten Platte die Originalfarbe des Kalksteins durch...
Damit haben sich die oben zitierten Passagen schon doppelt erledigt. Zum einen wurde in den vielen Anlagen kein Licht benötigt, und zum anderen findet man selbst in diesen Anlagen Ruß in rauen Mengen.
Der Grund ist klar: praktisch sämtliche dieser Anlagen waren spätestens zu arabischen Zeiten geöffnet und erkundet, viele schon früher. So fand man in der unterirdischen Felsenkammer der Großen Pyramide griechische Inschriften.
Und diese Anlagen waren schon im Mittelalter direkte Touristenattraktionen mit Hunderten, wenn nicht Tausenden von Besuchern. Und da diese keine Taschenlampen hatten, müssen all diese Besucher, ja sogar die wissenschaftlichen Expeditionen bis in das frühe 20. Jahrhundert hinein, Fackeln, Kerzen oder Öllampen verwendet haben. Und ich schätze, dass sich all diese Besucher zusammengezählt länger in den Gängen und Kammern aufgehalten haben als die Originalerbauer!
Eines der Startargumente für die Lampenthese ist damit natürlich fortgefallen. Nicht nur, dass die Behauptung, es gäbe keinen Ruß, definitiv falsch ist, der Ruß ist sogar in Anlagen die bei ihrer Errichtung überhaupt kein Licht benötigt haben. Das ist natürlich eine verfahrene Situation für die Thesenbegründung. Aber die Behauptung war ja zweiteilig. Kommen wir daher umgehend zu
Wie langsam vermeintliche Rätsel sterben, kann man an dieser kleinen Episode sehen. Denn zum ersten mal wurde das Thema der rußenden Lampen von mir im sogenannten Mausnetz diskutiert, das war um 1989!
Ich hatte mich zu der Zeit noch nicht mit Dendera oder Däniken kritisch auseinandergesetzt, das sollte noch 5 Jahre dauern. Gerade war Dänikens "Augen der Sphinx" erschienen, und das Zitat aus dem Einleitungsteil dieser Seite wurde zur Debatte gebracht.
Mich wunderte dies schon, denn elektrisches Licht war ja eine relativ neue Erfindung. Wenn Däniken Recht hätte, müßten alle Gebäude vor 1900 Rußhöhlen gewesen sein. Das war mir aber nicht bekannt, und so machte ich ein kleines Experiment.
Dazu nahm ich eine flache Schale (Aschenbecher), eine 5-10 cm langen zusammengedrilltes Stück Watte (reinen Zellstoff) ca. 5 mm dick) als Docht, und etwas Olivenöl. Die Ägypter verwendeten Palm- und Olivenöl, letzteres ist auch bei uns zu bekommen. Wichtig ist, dass der Docht keinen Kunstfaseranteil enthält.
Das Öl füllte ich in die Schale, tränkte den Docht mit ein wenig Öl und legte ihn auf den Schalenrand, so dass sein Ende ungefähr 5-7 Millimeter nach Außen reichte. Angezündet und beobachtet - eine saubere Flamme ohne erkennbaren Ruß. Nur wenn der Docht extrem lang ist, blakt die Flamme etwas.
Ich hielt einen weißen, kalten Teller 50 cm über die Flamme, und konnte auch nach einiger Zeit keinen Ruß erkennen. Nur wenn man den Teller ganz dicht über die Flamme hält, bekommt man einen Rußniederschlag.
Später fand ich dann heraus, dass sich auch Fachleute mit dem Them beschäftigt hatten und zum selben Ergebnis kamen, wie die großen Materialexperten Clarke/Engelbach, deren Buch, DAS Standardwerk über ägyptische Technik und Materialkunde, 20 Jahre vor „Augen der Sphinx“ erschien:
"Viele Besucher wundern sich darüber, dass die Malereien im Dunkel der Stollen und im Dämmerlicht der Tempel durchgeführt werden konnten. Die ägyptischen Lampen waren von simpelster Bauart, eigentlich nur ein Docht der in Öl schwamm. Sie ist nicht selten in Grabszenen dargestellt, wo sie die Form einer offenen Schale, die auf einem hohen Ständer steht (der bei kleineren Formen mit der Hand genommen werden kann) annimmt. In den Bildern steigen von der Schale üblicherweise etliche Dochte oder Flammen auf, die über den Rand gebogen sind als wären sie einem Lufthauch ausgesetzt. Stehlampen aus Marmor wurden in der Pyramide von Lahun gefunden, jene aus Stein im "Labyrinth" von Hawara. In ägyptischen Häusern wurden kleine Schälchen als Lampe verwendet. Sie hatten den Rand normalerweise zu einem Schnabel ausgezogen, wohl um überschüssiges Öl abzugießen. ... Die Abwesenheit von Ruß ist nicht schwer zu erklären. Mit Olivenöl ergibt sich von vorne herein sehr wenig Ruß, und indem man einen Deckel in einiger Höhe über die Flamme hält, wofür sich mehrere Methoden anbieten, kann man sehr einfach die Ablagerung von Ruß an der Decke verhindern."[4]
Und es gibt sogar Aufzeichnungen von den Ägyptern selbst aus der Region, die beleuchtungstechnisch die meisten Rätsel aufwirft: von den viele 100 m langen unterirdischen Grabkammern im Tal der Könige. Denn von dort kennen wir Aufzeichnung über ausgegebene Lampen! Penibel wurde aufgelistet, welcher Arbeiter wieviele Dochte in welcher Länge abholte und welche er abends zurückgab, man ist daher über die Beleuchtungsmethoden dieser Anlagen bestens informiert. Platz für pharaonische Taschenlampen gibt's dort nicht![5]
Nachdem ich meine Ergebnisse zum Lampenexperiment bekanntgegeben hatte, machte ich zum allerersten male Erfahrung mit dem in der Grenzwissenschaft leider weit verbreitetem Unwillen, unangenehme Fakten zu akzeptieren. "Quatsch, Unsinn, glaub' ich nicht" waren die Reaktionen. Ich schrieb "Leute, ihr müsst mir nicht GLAUBEN, probiert es einfach selber aus!". Reaktion: "Das muss ich nicht, ich weiß was passiert, und das ist nicht das, was Du hier behauptest."
Tja, und wegen genau dieser Einstellung wird dieses offenkundige Nichträtsel auch weiterhin durch Publikationen und Parks gezogen...
Tja, diese erste Untersuchung ist verblüffend. Die Eingangsprämisse des fehlenden Rußes stimmt nicht, obwohl auch die Behauptung der rußenden ägyptischen Lampentechnik nicht stimmt. Es ist daher mit Sicherheit davon auszugehen, dass der Ruß von den vielen Tausenden Besuchern stammt, die nach den Ägyptern die Anlagen besichtigt und/oder geplündert haben.
Als Beleg für die Notwendigkeit einer außerordentlichen Beleuchtungstechnik taugt es jedenfalls nicht.
Übrigens: Mann soll sogar NOCH weniger Ruß bekommen, wenn man Salz ins Olivenöl streut. Ausprobiert habe ich's allerdings nicht, da meine bisherigen Resultate bereits ausreichend sind.
Anmerkungen: | |
[1] | Däniken, Erich von; Die Augen der Sphinx, Ullstein 1989, S. 215 |
[2] | Ercivan, Erdogan; Das Sternentor der Pyramiden, Bettendorf 1997, S. 83 |
[3] | Erläutert in: Lauer, Jean-Phillipe; Das Geheimnis der Pyramiden, Herbig 1980, S. 37 f |
[4] | Clarke, Somers & Engelbach, Reginald; Ancient Egyptian Masonry, London 1930, S. 201 (Übersetzung durch mich) |
[5] | Brunner-Traut, Emma; Alltag unter Pharaonen, Herder 1998, S. 245 |